Kommentar zur Zukunft der sozialen Ecke

Auf dem Bild sieht man Manuel.Dies ist ein Bericht und Kommentar zur gestrigen Diskussion rund um die Soziale Ecke von Manuel Wolf.

Ahoi! Heute geht es um eine Kreuzung mit sehr vielen Namen: Assi-Eck, Schiefe Ecke, Krawalle, Soziale Ecke, Feuchtes Eck. Gemeint ist damit die Kreuzung Louisenstraße / Görlitzer Straße.

Jetzt wird es Leute geben, die von dieser Kreuzung vielleicht noch nichts gehört haben. Wenn ihr dann die Suchmaschine oder das soziale Netzwerk eures Vertrauens bemüht, dann erhaltet ihr Ergebnisse wie: Treffpunkt, Social Spot oder sogar Kulturzentrum, aber auch Meldungen zu Belästigung, Vandalismus oder Körperverletzung.

Seit Jahren gibt es deshalb kontrovers geführte Diskussionen rund um das Gebiet. Am 5. März kam es nun zu einer Offenen Gesprächsrunde im Neustädter Bürgeramt. Anlass dieses Gesprächs war der Anstieg der Beschwerden über das Areal innerhalb des letzten Jahres. Neben dem Stadtbezirksamtsleiter Herrn Barth und der Neustadtkümmerin Frau Möser waren auch Vertreter·innen von Stadtverwaltung, Polizei und Ordnungsamt anwesend und stellten sich den Fragen von etwa 60 Anwohner·innen sowie den örtlichen Gewerbetreibenden.

Die Diskussion

Ich selbst war ebenfalls dort, als Anwohner und als Pirat, und möchte euch nun kurz meinen Eindruck von diesem doch sehr emotional geladenen Abend wiedergeben. Starten wir mit den Beschwerden, welche vermehrt geäußert wurden:
 
1. Viele beklagten sich über die Lärmbelästigung bis tief in die Nacht hinein. Sei es laute Musik, Brüllen und Gröhlen oder Trommeln auf Mülltonnen, viele Ansässige sagten, sie können nachts kaum oder gar nicht schlafen.
 
2. Von mehreren war zu hören, dass ihre Hauseingänge oder -flure regelmäßig als öffentliche Toilette genutzt würden. Regelmäßig fände man Urinpfützen und Erbrochenes direkt vor der Tür. Dazu komme die allgemeine Verschmutzung des kreuzungsbereichs durch Verpackungs- und Speisereste, Scherben und Zigarettenstummel.
 
3. Vandalismus, Bedrohung und Körperverletzung – und jetzt wird es wirklich ungemütlich. Es gibt Neustädter·innen, welche die Kreuzung am liebsten nicht mehr betreten möchten, weil sie Angst um ihre Sicherheit oder auch die ihrer Kinder hätten. Viele äußerten im Gespräch Anfeindungen, die weit über eine dumme Pöbelei hinausgehen. Auch von eingeschlagenen Fensterscheiben, abgetretenen Seitenspiegeln und herausgerissenen Verkehrszeichen wurde berichtet.
 
4. Vor allem von der Verwaltungsseite wurde auf die Gefahren für alle Verkehrsteilnehmer·innen hingewiesen. Durch den Aufenthalt der vielen Menschen, sei die Fahrbahn verengt, es gäbe häufig Umleitungen der Linie 13 wegen Streichelns und Fahrräder und Autos müssten umständlich angetrunkene Fußgänger·innen umfahren. 
 
5. Ein Großteil der Wortmeldungen kritisierte das Verhalten von Polizei und Ordnungsamt. Anrufe würden nicht ernstgenommen, man würde sogar verspottet oder von Behörde zu Behörde weitergeschoben aufgrund unklarer Zuständigkeiten. Und wenn dann doch ein Einsatzwagen zur Kreuzung geschickt wurde, dann dauere dies viel zu lang. 
 
Da ich selbst unmittelbar an dieser Kreuzung wohne, habe ich diese Punkte ebenfalls miterlebt und ja – es ist innerhalb des letzten Jahres anstrengender geworden. All diese Unannehmlichkeiten führen nun dazu, dass sich viele der Anwesenden in ihrer Lebensqualität beeinträchtigt sahen. Die Gewerbetreibenden klagten darüber, dass die Situation ihre Geschäfte schädige, weil die Kundschaft aufgrund von Pöbelei das Gebiet meide. 
 
Man muss dazu sagen, und da waren sich alle einig, Hauptursache der Beschwerden ist nur eine kleine Gruppe von Menschen, die durch ihr Verhalten für Ärger an der Kreuzung sorgt. 
Eine Aussage, die meine Meinung widerspiegelte, und die ich hier gern noch loswerden möchte, ist folgende: Durch die vor allem in den letzten zehn Jahren immer dichtere Bebauung sind Freiräume rar geworden. Wo kann man sich heute noch wohnortnah abends draußen treffen, ohne konsumieren zu müssen? In einem so dicht bewohnten Gebiet kommt es dann auch auf kleinstem Raum schnell zu sehr großen Menschenmengen. Man trifft sich da, wo es irgendwie geht, zwischen den Häuserschluchten. Und anstatt diese Signale aufzufangen und umzudenken, bauen wir immer mehr Flächen zu. Siehe hierzu auch unsere Bemühungen um eine sinnvolle Gestaltung des Putzi-Geländes. 

Auf dem Foto sieht man die Ecke Louisenstraße / Rothenburger Straße in der Dresdner Neustadt. Die Ecke wird auch Krawalle, Assi-Eck oder soziale Ecke gennannt..

Die Lösungsansätze

Kommen wir nun zu den Lösungsansätzen, und wenn ich ehrlich bin, jetzt wird es dünn:
    
In meiner Wortmeldung erinnerte ich einen Zeitraum im Jahre 2018, bei dem jeden Abend zwei oder drei Personen vom Ordnungsamt sich auf der Kreuzung aufhielten. Ich bin kein Fan von übermäßiger Staatspräsenz, aber diese Beamt·innen haben das Zusammensein auf der Kreuzung so gesehen nicht beeinflusst. Ich habe nichts gehört von vermehrten Strafzetteln oder der Aufnahme persönlicher Daten. Die abendliche Party schien ohne Änderung fortzulaufen. Allerdings nahm ich die Kreuzung in dieser Zeit als ruhiger wahr. Die Straßenbahn konnte ohne Probleme fahren, die Straße war weniger vermüllt, Haustüren wurden seltener als Urinal genutzt. Ich fragte, ob so etwas nicht wieder möglich wäre, nicht unbedingt nur vom Ordnungsamt getragen, sondern als Kooperation mit der Polizei und Streetworkern. Die Antwort: Kein Geld, kein Personal.
 
Auf den Hinweis der Einladenden, dem Problem mit mehr Zivilcourage entgegenzutreten, folgte schallendes Gelächter. Viele kleinere Streits regeln sich am Assi-Eck ganz von selbst. Ist die Musik mal zu laut, gehen viele einfach vor die Tür und dann hat sich das. Muss jemand zu seinem Fahrrad, dann zerstreut sich die Menge normalerweise, und hat jemand einen über den Durst getrunken, dann sorgen die Umstehenden meistens für ein ruhiges Sitzplätzchen zum Ausnüchtern. Leider gibt es aber auch einige aggressive Personen, mit denen man nicht reden kann und wenn die eigene Zivilcourage dazu führt, selbst zum Opfer zu werden, dann resignieren viele.
 
Stadtbezirksamtsleiter Barth brachte dann einen Punkt an, auf den ich schon gewartet hatte: Alkohol als Wurzel des Problems! Da kamen in mir gleich wieder ganz üble Erinnerungen an die Prohibition in der Neustadt vor einigen Jahren hoch. Herrn Barths Meinung wurde meiner Ansicht nach nicht geteilt, eine Reglementierung schien kaum jemand zu befürworten.
In diesem Moment fällt mir auf, dass das Thema Videoüberwachung nicht ein einziges Mal angeschnitten wurde. Im Nachhinein verwunderlich, aber hoffen wir einfach, es bleibt so.
 
Abschließend formulierten die Moderatoren folgendes Fazit: Die Verwaltung allein könne die bestehenden Schwierigkeiten alleine nicht beseitigen, genausowenig können das die betroffenen Neustädter·innen. Wichtig ist, dass in einem permanenten Dialog Vorschläge formuliert werden, die dann auf politischer Ebene umgesetzt werden können.
 
Deswegen auch mein bzw. unser Appell an alle Betroffenen: Wenn ihr Ideen für ein gutes Zusammenleben am Eck habt, dann zeigt diese. Kontaktiert das Stadtbezirksamt, die Neustadtkümmerin, geht zum Stadtbezirksbeirat Eures Vertrauens, kommt auf uns Neustadtpiraten zu – Möglichkeiten gibt es viele. 

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